Bo-Kaap – ein Spiegelbild der südafrikanischen Geschichte
Eigentlich wollte ich ja etwas über das fröhliche, bunte Bo-Kaap von Kapstadt schreiben, den Farbenrausch, die pittoresken Häuser – die frischen Erinnerungen meines Besuchs im Mai 2015. Doch dann ist mir ein Bild von 2005 von meinem ersten Besuch von Kapstadt in die Hände gefallen. Nur zu deutlich sind die Veränderungen der letzten 10 Jahre zu spüren.
Fast alle Häuser sind wunderschön hergerichtet und mit Blumen dekoriert, die Autos sind größer geworden – das Bo-Kaap ist en vogue. In nur zehn Jahren solch eine Veränderung? Wie mag es wohl vor 50 Jahren ausgeschaut haben, wie zu Beginn des Viertels?
Die Anfänge des Bo-Kaap Viertels
Freigelassene Sklaven ließen sich im 18. Jahrhundert an den Ausläufern des Tafelbergs nieder. Ihre Vorfahren waren im 17. und 18. Jahrhundert von der holländisch-ostindischen Handelskompanie aus Malaysia, Indonesien, Indien und Sri Lanka nach Südafrika verschleppt worden. Sie wurden als „Cape Malays“ bezeichnet: Malaiisch war damals die Handelssprache in Südasien. Viele von ihnen waren geschickte Handwerker und errichteten ihre kleinen Häuser mit einer Mischung aus kapholländischen und edwardianischen Stilelementen. Prägend für das Viertel war und ist, neben der Herkunft seiner Bewohner, vor allem die Religion. Sheigh Yusuf, ein Sri Lanke, der 1694 nach Kapstadt kam, gründete die moslemische Gemeinde und bekehrte viele Sklaven zum Islam. Sieben Moscheen sind heute im Viertel zu finden.
Das Bo-Kaap während der Apartheid
Durch den „Group Areas Act“ vom 13.06.50 wurde die strikte Trennung von Wohngebieten festgeschrieben. Im Bo-Kaap durften nur noch Cape-Muslims leben, andere Ethnien und Religionen mussten das Viertel verlassen. Während beispielsweise im District Six die Häuser der ehemaligen Bewohner dem Erdboden gleichgemacht wurden, kämpfte die Bo-Kaap Gemeinde für den Erhalt ihrer Häuser. Mit Erfolg. Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude wurden saniert.
Das Bo-Kaap nach 1994
Anders als in strahlend bunten Farben können wir uns das Malayen-Viertel kaum vorstellen. Doch bis in die 90er Jahre waren die Häuser schlicht weiß gehalten. Es gibt nur Vermutungen, warum die Bewohner nach 1994 begannen, sie bunt anzustreichen. Nach dem Ende der Apartheid durften die Bewohner ihre Häuser kaufen. Vielleicht war die neue Farbigkeit ein Ausdruck ihres neuen Individualismus, ihrer Freiheit? Oder es waren ganz praktische Gründe? Die Häuser mussten erhalten werden und wurden in der Farbe gestrichen, die gerade da war.
Ein Bummel durch das Bo-Kaap Viertel
Ein guter Beginn für einen Bummel durch das „Malya Quarter“ ist die Wale Street. Die wohl am meisten fotografierte Straße führt moderat bergauf – und lässt den Blick auf den Signal Hill frei.
Wem es schon jetzt nach einer Erfrischung ist – rechts mündet die Rose Street ein. An der Ecke steht der Rose Corner Shop, der alles anbietet, was man für den täglichen Bedarf benötigt. Von Gewürzen über Katzenfutter bis hin zu lecker-klebrigen Koeksisters.
Der Rose Street ein paar Meter folgen, dann in die steile Longmarket Street einbiegen. Es wird merklich ruhiger, die Häuser sind in moderateren Farben gehalten. Hier und da sieht man noch nicht vollkommen restaurierte Häuser. Stehenbleiben – und den Blick schweifen lassen, über den Tafelberg und den modernen Financial District der Stadt.
Wer sich intensiver mit der Geschichte des Viertels beschäftigen möchte, dem sei ein Besuch des Bo-Kaap Museums in der Wale Street empfohlen.