Caprivi-Streifen – Zambezi-Region: Interview mit Hella Göbel
Wüste, weite Landschaften und ein wenig deutsches Erbe. Dass sind die ersten Assoziationen mit Namibia. Der Caprivi Streifen ist eine andere Welt. Er ist grün, tropisch und sehr afrikanisch. Wir haben mit Hella Göbel von Sabela Africa über diese andere Seite von Namibia gesprochen. Wie kaum jemand sonst kennt die geborene Namibierin Hella diese Region.
Genuss Touren: „Lohnt sich der Caprivi Streifen“? – ist meist die erste Frage unserer Gäste, wenn wir eine Namibia Rundreise besprechen. Was meinst Du?
Hella Göbel: Ein Besuch dort im äußersten Nordosten Namibias lohnt sich auf alle Fälle. Wenn auch die Region heute nicht mehr ‚Caprivi-Streifen‘ heißt, sondern amtlicherseits in ‚Zambezi-Region‘ umbenannt wurde. Allerdings sollte man sehr genau abwägen, ob dieser Abstecher für die Integration in eine Namibia-Rundreise geeignet ist. Hier setzt angesichts der Distanzen vor allem der Zeitfaktor Grenzen. Oder ob man nicht besser eine Tour in das nördliche Namibia plant, in der dann die Einzigartigkeiten des ‚Caprivi‘ einen interessanten Kontrast zu den Erlebnissen in der Etoscha Pfanne bilden.
Denn nur hier in Namibias einziger ganzjährig grünen Landschaft komplettieren große Büffelherden das Quintett der ‚Big Five‘. Nur hier erschließt sich die Wildnis auch vom Boot aus. Nur hier verkehrt sich der sonst landesübliche Wassermangel Namibias in das Gegenteil saftig grüner Schwemmlandschaften entlang der Flussläufe von Okavango, Kwando/Chobe und Sambesi.
Dieser von der Natur verwöhnte Teil Namibias ist zugleich die Hauptschlagader des im Aufbau befindlichen grenzübergreifenden Naturschutzgebietes KAZA. Es schafft Korridore für die ungehinderte Wanderung von Elefanten, Büffeln und zahllosen Antilopen. Eine Entwicklung, die unwahrscheinlich spannend ist. Und inzwischen die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zieht, wie unzählige aktuelle Tier- und Naturdokumentationen beweisen.
Genuss Touren: Lange haben Touristen die Region links liegen gelassen – zu weit abseits, zu schlechte Straßenverhältnisse waren die Vorbehalte. Wie sieht die Situation heute aus?
Hella Göbel: ‚Links liegen gelassen‘ ist irreführend, da ja beim Blick auf die Karte dieser merkwürdige ‚Wurmfortsatz‘ Namibias weit nach Osten, also nach ‚rechts‘ zeigt. Aber Spaß beiseite: hinsichtlich der Erreichbarkeit gelten diese früheren Vorbehalte nicht mehr. Zum einen ist die B 8, die in West-Ost-Richtung Rundu mit Katima Mulilo verbindet, seit vielen Jahren durchgehend asphaltiert. Dadurch kann diese ehemals strapaziöse Strecke von 500 Kilometern hinein in das Zentrum des ‚Caprivi‘ heute in gut 5 Stunden zurückgelegt werden. Im Herzstück des ‚Caprivi‘ schließlich ist inzwischen auch die Straße C 49 fast durchgehend asphaltiert und verbindet so problemlos die verschiedenen Nationalparks. Der Besucher kann sich also voll auf die Erkundung der Naturschätze innerhalb der tierreichen Zambezi-Region konzentrieren.
Genuss Touren: Der Caprivi umfasst gleich drei Tierschutzgebiete – den Bwabwata Nationalpark, den Mudumu Nationalpark und den Nkasa-Rupara-Nationalpark. Wie unterscheiden sich die Parks voneinander? Welchen sollte man auf keinen Fall verpassen?
Hella Göbel: Allein durch seine flächenmäßige Ausdehnung von 6.100 Quadratkilometern sticht hier der Bwabwata Nationalpark vor den beiden kleineren Schutzgebieten heraus, zudem durchquert man ihn bei der Autofahrt entlang der B 8 aus Westen kommend auf seiner gesamten Länge. Im Osten wird der Bwabwata Nationalpark vom Fluss Kwando und dessen weitverzweigtem Schwemmgebiet begrenzt, das ihn unbeschreiblich reizvoll und attraktiv macht. Von der Nambwa Tented Lodge aus, einer von lediglich drei Privatunterkünften innerhalb dieses Parks, erreicht man dort zum Beispiel die legendäre ‚Horseshoe-Lagune‘, an der sich alltäglich hunderte Elefanten zum Trinken treffen und dann ein grandioses Fotomotiv abgeben.
Von Nambwa aus werden regelmäßig Sundowner-Touren an diesen magischen Platz unternommen, auch genießen die Gäste dieser Lodge das exklusive Recht, innerhalb des Nationalparks Wanderungen zu unternehmen und bei Dunkelheit nachtaktivem Wild nachzuspüren. Interessant ist der Bwabwata Nationalpark nicht zuletzt auch dadurch, dass das Gebiet bei der Ausrufung zum Tierschutzreservat nicht entvölkert, sondern den traditionellen Bevölkerungsgruppen ein Bleiberecht innerhalb des Parks zugestanden wurde.
Während der Bwabwata Nationalpark ganzjährig sowohl wasser- wie auch landbasierte Safarimöglichkeiten bietet, sind hier die Möglichkeiten beim Nkasa Rupara-Schutzgebiet eingeschränkter. Dort kann es während der Regenzeit durchaus passieren, dass der Park vom Wasser des Kwando komplett geflutet ist und dann die einzelnen Camps nicht erreichbar sind und auch nur eingeschränkte Safarimöglichkeiten bieten. Das erfordert für die Planung tatsächlich Erfahrung und aktuelle Wetterkenntnis.
Grundsätzlich aber lassen sich außerhalb der Regenzeit die drei Nationalparks der Zambezi-Region wunderbar miteinander verbinden, da sie sich hinsichtlich der Vegetation und damit auch der Fauna durchaus unterscheiden. Nicht fehlen darf allerdings bei einem Besuch des ‚Caprivi‘ der Bwabwata Nationalpark, allein schon wegen der Chance, hier die größten Elefantenherden des gesamten südlichen Afrika zu sehen.
Genuss Touren: Was ist die beste Reisezeit für die Region?
Hella Göbel: Grundsätzlich gilt für die Zambezi-Region gleiches wie für ganz Namibia: Das Land ist ein Ganzjahresziel. Aber natürlich kann zwischen den klimatisch attraktiveren Reisemonaten von April bis November und den wegen hoher Temperaturen anstrengenderen Monaten Dezember bis März unterschieden werden. Das richtet sich also ganz nach den Vorlieben der Besucher. Für die wärmere ‚Nebensaison‘ gibt es dann für einige Unterkünfte nochmal günstigere Angebote. So zum Beispiel bei der bereits erwähnten Nambwa Tented Lodge, die außerhalb der eigentlichen Hochsaison (Juli – November) die Preise bis zu 20 Prozent reduziert.
Genuss Touren: Ein wenig erinnert der Caprivi an Botswana. Ist eine Reise eine gute Alternative für den Chobe oder das Okavango Delta oder eher eine Ergänzung?
Hella Göbel: Da kann ich nur mit einem entschlossenen „Sowohl – Als auch!“ antworten. Es hängt nämlich davon ab, mit welcher Absicht der Gast überhaupt in die Region kommt. Ist es die vorhin schon angesprochene Idee, das klassisch-trockene Namibia-Erlebnis um den grünen Aspekt zu bereichern, dann ist der Verbleib innerhalb der namibischen Landesgrenze und damit in der früher ‚Caprivi-Zipfel‘ genannten Zambezi-Region eine gute, weil preiswerte und einfach zu integrierende Alternative zu möglichen Zusatzprogrammen am Chobe oder im Okavango-Delta. Ist hingegen die Kavango-Zambezi-Region der eigentliche Inhalt der Reise, dann bietet der Besuch im ‚Caprivi‘ überaus spannende und bereichernde Ergänzungen. So lassen sich die Viktoria-Fälle, Safarifahrten im Savuti, Bootssafaris im Okavango-Delta und schließlich Aktivitäten im namibischen Schwemmland von Kwando und Linyanti zu wunderschönen Rundreisen verbinden. Solche Programme erfüllen auch die vielfältigen Hoffnungen, die mit der Schaffung des riesigen ‚KAZA– Gebietes (= Kavango-Zambezi-Transfrontier-Conservation-Area) verbunden werden: Dass nicht nur Tierwelt ungehindert wandern kann, sondern auch die Touristen grenzübergreifend die Naturschönheiten der fünf beteiligten Staaten bereisen, und so die saisonale Überlastung von Hotspots wie des Okavango-Deltas abgebaut wird. Wer im Rahmen einer solchen Tour beim Sundowner in der Nambwa Tented Lodge die friedlich unterhalb des Decks durchstreifenden Elefanten auf ihrem Weg zum Wasser quasi auf Tuchfühlung erlebt, der wird diesen paradiesischen Platz Namibias nie mehr vergessen.