Afrika in München: Museum Fünf Kontinente
Das Museum Fünf Kontinente in München zeigt in seiner Afrika Abteilung unter dem Titel „Lebendige Traditionen. Kreative Gegenwart. Kunst aus Afrika“. Archaisch anmutende Masken und ein Sarg in Turnschuh-Form stehen ganz selbstverständlich nebeneinander. Mit Dr. Stefan Eisenhofer, Leiter der Abteilung Afrika, durfte ich durch die Ausstellung schlendern.
Masken, Schnitzereien, Skulpturen
Geschnitzte Tiere, geflochtene Körbe, gewobene Tücher und farbenfrohe Bilder – wer schon einmal über den Greenmarket Square in Kapstadt gebummelt ist, kennt den typischen (auf Touristengeschmack ausgelegten) Querschnitt von Kunst und Kunsthandwerk in Afrika. Nur wenige Stücke dieser Art finden sich in der 250 Objekt umfassenden Sammlung, Perlenschmuck der Masai, Trinkgefäße der San aus Straußeneiern oder Colon-Figuren.
Schwerpunkt der Sammlung sind vor allem Masken, Schnitzereien und Skulpturen. Und ein Großteil der Artefakte stammt eher aus West- und Zentralafrika. Der Affengott Hanuman aus Nigeria etwa, eine spannende Verbindung zwischen afrikanischen und hinduistischen Einflüssen. Die Kopfaufsatzmaske Tyiwara aus Mali, eine Art afrikanischer „Wolperdinger“, oder die nigerianischen Zwillingsfiguren Ibedji.
Dies liegt vor allem daran, erklärt mir Dr. Eisenhofer, dass der Grundstock dieses Kanons von den Kolonialmächten Frankreich und Belgien geschaffen wurde. Sie brachten Schnitzereien aus ihren Kolonien zurück nach Europa und zementierten so für lange Zeit unser Bild afrikanischer Kunst. Länder wir Südafrika oder Namibia, in denen es keine vergleichbare Kultur der Schnitzereien gibt, waren somit im weiteren Verlauf für den europäischen Sammler nicht relevant.
Spannend dabei ist, dass die Gegenstände nicht als Kunst gedacht waren. Es waren Gebrauchsgegenstände – sei es zum praktischen Nutzen, als Schmuck, für religiöse oder rituelle Zeremonien. Erst die westliche Welt hat sie als Kunst deklariert.
Publikumslieblinge der historischen Sammlung
Der Blaue-Reiter-Pfosten
Berühmt wurde der doppelseitig geschnitzte Pfosten aus Kamerun durch Franz Marc und Wassily Kandinsky. Sie bewunderten ihn im damals noch so benannten „Münchner Völkerkundemuseum“. Die Schnitzereien wurden zur Illustration des Artikels „Die Masken“ von August Macke im Almanach „Der Blaue Reiter“ verwandt.
Yoruba Pfosten aus Nigeria
Bemerkenswert bei ihm ist zum einen, dass man seinen Künstler kennt, den 1938 gestorbenen Schnitzer Olowe aus Ise. Bemerkenswert ist aber auch seine Wirkungsgeschichte. Der britisch-ghanaische Architekt David Adjaye lies sich von ihm zum Entwurf des National Museum of African American History and Culture in Washington inspirieren.
Nkisi Nkondi aus dem Kongo
Was nach moderner Kunst ausschaut, ist eine Kraftfigur in Form eines zweiköpfigen Hundes. In diesen Hund wurden Nägel geschlagen, um an der übermenschlichen Kraft der Figur teilzuhaben.
Spiegelfigur aus dem Kongo
Zeitgenössische afrikanische Kunst
Als Dr. Eisenhofer die Sammlung im Jahr 2001 übernahm, hat er begonnen, sie behutsam zu modernisieren. Neben der Neugestaltung der Ausstellungsräume gehört dazu vor allem die Aufnahme moderner Kunstwerke. Gemälde, Fotografien und Skulpturen, die explizit für den Kunstmarkt geschaffen wurden.
Kein einfaches Unterfangen, denn die zeitgenössische afrikanische Kunstszene etabliert sich erst langsam. Lange war innovative Kunst auf dem Kontinent selber nicht verkäuflich, ganz zu schweigen von afrikanischen Künstlern als Teil des internationalen Kunstmarkts. Denn es gab weder Galerien noch Museen. So schufen die Künstler profane Alltagskunst für Touristen – und spannende aber unverkäuflichen Kunstwerke. Erst in 2017 wurde mit dem Zeitz MOCCA in Kapstadt das erste große Museum für zeitgenössische Kunst geschaffen.
Müll-Masken von Romouald Hazoumé, Benin
Hazoumé spielt mit der Erwartungshaltung, dass Afrikaner Masken produzieren – jedoch aus europäischen Abfällen. Selbstbewusst sagt er dazu er geben „den Menschen der westlichen Welt das zurück, was ihnen gehört, und das sind die Abfälle einer Konsumgesellschaft“
From Trash to Treasure – Simonet Biokou, Benin
Aus Schrauben, Auto- und Motorrad-Teilen schafft der Künstler Figuren. Die so spielerisch-leicht ausschauenden Figuren regen zum Nachdenken über unser Wertesystem und das Verhältnis der westlichen Welt zu Afrika an.
Praktische Informationen
Das Museum Fünf Kontinente liegt in der Maximilianstraße 42. Es ist von Dienstag bis Sonntag von 09:30 – 17:30h geöffnet. Der Eintritt beträgt 5 €, am Sonntag zahlen Sie nur 1 €.